Liebe Katharina,
vielen Dank für die hilfreiche Zusammenstellung! Mich würde interessieren, wie Menschen mit Depressionen die Aufmerksamkeit, die ihnen von Freunden/Verwandten entgegengebracht wird, wahrnehmen und verarbeiten. Freuen sie sich über eine SMS in der man fragt, wie es ihnen geht? Oder fällt es ihnen schwer, darauf eine passende Antwort zu finden, sodass sie gar nicht erst antworten? Sollte man lieber ein einfaches „Hey, hab an dich gedacht“ schicken, und wenn ja, wie oft? Geht ihnen das irgendwann auf den Keks?
Ich frage deshalb. weil ich einen guten Freund habe, der meinem Verständnis nach Depression hat. Er hat selbst gesagt, dass er mal Antidepressiva genommen hat. Wenn er gut drauf ist schreiben wir uns mehrmals am Tag und das fast täglich. Dann nimmt der Kontakt wieder ab und die wenigen Nachrichten beinhalten Themen wie Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Schlaflosigkeit, Alkohol, Tabletten, Streit mit den Kumpels. Leute die ihn neu kennenlernen erleben ihn als „Hans Dampf in allen Gassen“. Er redet gern und viel, verspricht auch sehr viel, was er aber kaum halten kann. Seine Freundin hat Epilepsie. Auch ihr gegenüber versucht er zu vermitteln, dass er alles im Griff hat und es bald wieder geht. Als seine Mutter im Frühjahr die Krebsdiagnose bekommen hat, ist seine Welt zusammengebrochen. Mir schreibt er, dass er nicht weiß, was er tut, wenn sie stirbt. Er hätte merkwürdige Gedanken. Aber ihr gegenüber traut er sich nicht zu weinen. Erst wenn sie im Bett ist, Weil er nicht will, dass sie sich Sorgen macht. Keine Ahnung, ob ich mich geehrt fühlen soll, dass er mir das alles schreibt.
Mir persönlich geht dieses Auf und Ab der Kontaktfrequenz sehr an die Substanz. Er meint ich sei ein Teil seines Lebens und werde es immer sein. Das ist einerseits eine schöne Aussage, bürdet mir aber auch viel auf. Ich freue mich über jede Nachricht von ihm und wenn wir uns in seinen guten Phasen gegenseitig zum Lachen bringen. Aber wenn in seinen schlechten Phasen lange nichts kommt, denke ich, es läge an mir.
Um also auf meine Frage zurück zu kommen: hilft es ihm trotzdem, wenn ich regelmäßig schreibe oder belastet ihn das eher, weil er merkt, dass er mir zwar antworten will, aber nicht kann? Sind Fragen nach seinem Befinden angebracht oder soll ich eher schreiben, was ich so mache? Und wie oft? Er meinte „Wenn du glücklich bist, dann bin ich es auch“. Aber ich merke, dass er nicht glücklich ist, und das setzt mir zu.
Viele Grüße,
Barbara